Kurzdarmsyndrom – mit langem Atem gegen die Folgen des verkürzten Darms
Kurzdarmsyndrom (KDS). Selten erschließt sich der Name eines Krankheitsbildes so scheinbar einfach. Einfach allerdings ist an dieser Diagnose wenig. Denn der operativ verkürzte Darm der Betroffenen, bedeutet in der Regel höchst komplexe Änderungen im Stoffwechsel und Nährstoffhaushalt, die besondere Anforderungen an die Ernährungstherapie stellen.
Ursachen des Kurzdarmsyndroms
Bei Erwachsenen führt die chirurgische Entfernung großer Teile des Dünndarms zum Kurzdarmsyndrom. Die Ursachen hierfür können unter anderem schwere Schleimhautschädigungen, ausgeprägte Dünndarmfisteln und Motilitätsstörungen sein, welche durch verschiedene Krankheitsbilder ausgelöst werden können. Auch hier erfolgt dann eine OP, um das geschädigte Gewebe zu entfernen.
Welche Krankheitsbilder können dem Kurzdarmsyndrom Erwachsener zugrunde liegen?
Häufige Grunderkrankungen sind beispielsweise:
- Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen
- Nekrose (Absterben) des Dünndarmabschnitts durch Mesenterialinfarkt, also einen akuten Verschluss eines Darmgefäßes
- Komplikationen nach chirurgischen Abdominal-Eingriffen
- Strahlenenteritis
- Darmfisteln
- Tumore, Lymphome
Bei Kindern, insbesondere bei Neugeborenen, stehen die folgenden verursachenden Faktoren im Vordergrund:
- angeborene Fehlbildungen des Gastrointestinaltrakts
- Vulvolus (Darmverschlingung)
- Gastrochisis (Bauchwanddefekt seitlich rechts des Nabels)
- Dünndarmischämie (Durchblutungsstörung im Dünndarm)
- nekrotisierende Enterokolitis, kurz: NEC / NEK (entzündliche Darmerkrankung)
Mehr Informationen über das Kurzdarmsyndrom bei Kindern finden Sie hier.
Prognose und Verlauf des Kurzdarmsyndroms hängen maßgeblich davon ab, wie viel und welche Abschnitte des Dünndarms entfernt wurden und wie viel Zeit nach der Entfernung (Resektion) vergeht. Um diese Zusammenhänge leichter zu verstehen, wird im Weiteren das Verdauungssystem und seine Funktionen betrachtet.
Ganz schön was zu verdauen – Kurzdarmsyndrom, Gewichtsverlust und Mangelernährung
Mit unserem Verdauungssystem beschäftigen wir uns meist erst, wenn es durch Schmerzen, „Hyperaktivität“ oder „Arbeitsverweigerung“ auf sich aufmerksam macht. Dabei passieren zwischen Nahrungsaufnahme und dem Gang zur Toilette viele spannende Prozesse in unserem Körper.
Die folgende Grafik beschreibt, welche Abläufe im Körper stattfinden, damit wir gut mit allen wichtigen Nährstoffen versorgt sind.
Der Dünndarm in Zahlen
Mit einer Länge von drei bis fünf Metern und einer Oberfläche von rund 200 Quadratmetern ist der Dünndarm mit Abstand der formatfüllendste Protagonist unseres Verdauungssystems – und für unsere Ernährung wohl der bedeutendste.
Auf der 200m² großen Oberfläche des Dünndarms findet die Resorption der Makronährstoffe (Proteine, Kohlenhydrate, Fette), Vitamine, Spurenelemente und Elektrolyte statt.
Darüber hinaus werden dem Nahrungsbrei im Dünndarm täglich mehr als sieben Liter Wasser entzogen und resorbiert.
Der Dünndarm ist in drei „Abschnitte“ unterteilt, die arbeitsteilig für die Aufnahme bestimmter Nährstoffe zuständig sind:
- den Zwölffingerdarm (Duodenum),
- den Leerdarm (Jejunum)
- und den Krummdarm (Ileum).
Kurzdarmsyndrom – die Lücke in der Arbeitsteilung
Je nachdem, welcher Abschnitt bzw, wie viel des Dünndarms fehlt, können bestimmte Nährstoffe oder Wasser nicht mehr in ausreichender Form resorbiert, resp. aufgenommen werden.
Wie lang ist kurz? Wann spricht man vom Kurzdarmsyndrom (KDS)
Unter einem Kurzdarmsyndrom versteht man eine Störung der Aufnahme, der Verdauung und des Transports von Nährstoffen, die durch eine Verkürzung oder Funktionsverlust des Dünndarms verursacht wird.
Die Folgen eines Kurzdarmsyndroms sind abhängig von folgenden Faktoren:
- der Grunderkrankung
- dem Ausmaß der Resektion (wie viel der einzelnen Dünndarmabschnitte entfernt wurde)
- dem Abschnitt des ausgefallenen Dünndarms, also welcher Dünndarmabschnitt entfernt wurde
- dem Vorhandensein der Ileocoecalklappe und des Dickdarmes
- der Adaption des restlichen Dünndarms, also davon, wie gut sich der verbleibende Dünndarm nach der Operation an die neue Situation anpassen und die Nährstoffaufnahme des entfernten Darmtraktes ausgleichen kann
- der Funktion des Restdarmes
- der Funktionstüchtigkeit der an der Verdauung beteiligten Nachbarorgane (Leber, Magen, Pankreas)
Ein weiterer Einflussfaktor kann eine bakterielle Fehlbesiedlung sein. Sie kommt zum Beispiel bei fehlender Ileocoecalklappe sowie mehrfachen abdominalen Eingriffen vor.
Symptome des Kurzdarmsyndroms
Die Symptome des Kurzdarmsyndroms sind geprägt durch die verminderte Nährstoffausnutzung (Malassimilation) und hängen ganz maßgeblich davon ab, wie viel und welcher Teil des Dünndarms betroffen ist. Viele Menschen mit Kurzdarmsyndrom leiden u.a. an:
- massiven Durchfällen
- Gewichtsabnahme
- Laktoseintoleranz
- Nierensteinen
- Vitaminmangelerkrankungen
Menschen mit Kurzdarmsyndrom scheiden bis zu 30-mal mehr Wasser aus
Während ein gesunder Mensch über den Enddarm täglich circa 200 ml Wasser ausscheidet, können es bei Menschen mit Kurzdarmsyndrom bis zu sechs Liter sein. „Nicht von der Toilette kommen“ ist für sie tatsächlich wörtlich zu nehmen. Wie groß der Leidensdruck und auch die Anstrengungen sind, ist kaum zu ermessen.
Wie die Durchfälle zu den weiteren Symptomen des Kurzdarmsyndroms führen, zeigt die folgende Grafik.
Lebensqualität und Kurzdarmsyndrom
Die Symptomatik macht bereits deutlich, dass die Lebensqualität von Menschen mit Kurzdarmsyndrom eingeschränkt ist. Viel hängt davon ab, wie viel und welcher Abschnitt des Dünndarms fehlt. Auch bergen manche Therapieformen bestimmte Risiken für die Betroffenen.
Bei einem Kurzdarmsyndrom sollten spezifische Ernährungsmaßnahmen ergriffen werden. Mehr über die Therapieformen bei Kurzdarmsyndrom erfahren Sie hier.