Demenz und Inkontinenz

In Nebel getaucht. Von der Sonne geblendet.
Leben mit Demenz.

Besonders herausfordernd ist der Umgang mit Inkontinenz für all jene Menschen, deren zu pflegende Angehörige an Demenz erkrankt sind. Hier kommen viele Dinge zusammen.

Menschen mit demenziellen Erkrankungen verlieren nicht nur ihr Gedächtnis, sondern auch viele andere Kompetenzen wie das Denk-, Urteils- und Sprachvermögen und ganz basale Fähigkeiten wie ihre Kontinenz.

Besonders schwer wiegen für die Angehörigen die Persönlichkeitsveränderungen, die mit fortschreitender Demenz einhergehen. Der vertraute Mensch verabschiedet sich und wird seiner eigenen Umgebung fremd, wie auch seine Angehörigen ihm oft fremd werden.

Immer mehr Teile des Wissens über die eigene Biografie scheinen in dichten Nebel getaucht, die Augen für die gemeinsame Vergangenheit von gleißender Sonne geblendet. Es tut weh, bei aller Nähe und Liebe nicht als der Mensch erkannt zu werden, der man im Leben des anderen ist: Sohn, Tochter, Partner*in …

In Deutschland wird die Zahl der Menschen mit Demenz auf derzeit circa 1,7 Millionen Menschen geschätzt, davon werden mehr als zwei Drittel zu Hause versorgt – von Menschen, vor deren Kraft, Mut und Engagement die Gesellschaft den Hut ziehen sollte.

Sie gehören auch zu den Menschen, die Ihre Angehörigen zu Hause pflegen? Wir unterstützen Sie bei der Pflege von Angehörigen mit wertvollen Tipps von Experten und einem umfangreichen Wissensangebot. 

Der Demenz folgt häufig auch eine Inkontinenz

Die Demenz verläuft in Phasen. Da das Großhirn, das für die Miktionskontrolle verantwortlich ist, in Mitleidenschaft gezogen wird, wird Inkontinenz für viele der von Demenz Betroffenen und ihre Angehörigen früher oder später ein Thema. Aus dieser mehr oder weniger schweren Inkontinenz resultieren für die Angehörigen viel Wäsche, hin und wieder Pfützen, noch mehr Wachsamkeit.

Es handelt sich im Prinzip um eine regressive Entwicklung: Ähnlich Kindern, fällt es demenziell erkrankten Menschen irgendwann schwer, den Urin einzuhalten oder daran zu denken, zur Toilette zu gehen. 

Der Unterschied hierbei ist der ungewohnte Rollenwechsel. Die Beziehung und die Rollen verändern sich grundlegend. Das müssen alle Beteiligten emotional verarbeiten. Die engagierte, resolute Mutter, die stets die komplette Familie durchs Leben navigierte, verliert jetzt die Orientierung. Der starke, fürsorgliche Vater, der immer für alle da war und alles richtete, benötigt jetzt selbst Hilfe.

Die Inkontinenz stellt hier eine besondere Form der Versorgung dar, die die Grenze der Belastbarkeit für Angehörige neu auslotet. Es ist ein Unterschied, ob man die (altersgerechte) Inkontinenz des eigenen Kindes versorgt oder ein Elternteil, bzw. einen erwachsenen Menschen. 

Pflegende Angehörige brauchen sehr viel Geduld, Verständnis und auch Kraft, um ihren Lieben gerecht zu werden. Bedenken Sie, dass diese Situation auch für die Betroffenen nicht leicht ist. Sie empfinden Schmerz, Scham, Verzweiflung, Angst, Wut und Trauer. Besonders im Zusammenhang mit der Inkontinenz. 

Inkontinenz bei Demenz – Ursachen und Gegenmaßnahmen

Die Gründe für die Inkontinenz sind auch bei Menschen mit demenziellen Veränderungen breit gefächert. Dementsprechend variieren auch die Maßnahmen, die Angehörige treffen können, um „Schadensbegrenzung“ zu betreiben.

Der oder die demenziell Erkrankte …

… verliert die Fähigkeit, die Blase zu kontrollieren.

Dies Dies passiert eher in einem fortgeschrittenen Stadium der Demenz. Sie benötigen jetzt vor allem fachlichen Rat zu den der Inkontinenz angemessenen Hilfsmitteln.
Führen Sie gegebenenfalls ein Miktionsprotokoll und etablieren Sie entsprechende „präventive“ Toilettenzeiten im Alltag. 

… ist nicht mehr in der Lage, sich zu orientieren.

Viele demenziell Erkrankte haben auch in vertrauter Umgebung Schwierigkeiten, sich zurechtzufinden. In diesem Fall ist alles hilfreich, was den Weg zur Toilette einfacher macht: Bilder oder Piktogramme, Licht bei Nacht, offene Toilettentüren, kurze Wege, möglichst ohne Treppen und Stolperfallen.

… nimmt Medikamente ein, die eine Inkontinenz begünstigen.

Holen Sie ärztlichen Rat ein, und suchen Sie gegebenenfalls nach alternativen pharmazeutischen Produkten.

… kann sich nicht mehr mitteilen.

Achten Sie auf Zeichen wie nervöse Unruhe, nesteln an der Hose, die Hand im Schritt – fragen Sie aktiv, ob Sie ihre*n Angehörige*n zur Toilette begleiten sollen.

… kann nicht mehr lange genug einhalten.

Wenn es schnell gehen muss, sind Kleidungsstücke wichtig, derer man sich schnell und ohne viel „Fingerspitzengefühl“ entledigen kann. Gummizughosen, Klett statt Knopf und ein allzeit offener Toilettendeckel sparen vielleicht entscheidende Sekunden.

Gönnen Sie sich Auszeiten und holen Sie sich Verstärkung

Sie brauchen Kraft für Ihren Alltag, der von der Demenz und sicher auch oft von der Inkontinenz Ihres zu pflegenden Lieblingsmenschen bestimmt wird.

Holen Sie sich diese Power, indem Sie Menschen aus Familie und Freundeskreis bitten, Sie für kleine Auszeiten aus Ihrem Alltag zu vertreten. Damit Sie auch die Dinge guten Gewissens tun können, die Ihnen Spaß bringen.

Holen Sie sich diese Power auch, indem Sie auf die Angebote professioneller Helfer zurückgreifen: Pflegedienste, Tages- und Kurzzeitpflege oder auch nur professionelle Beratung, die Ihnen Wege aufzeigt, sowohl mit der Demenz als auch der Inkontinenz souverän umzugehen.

Die Informationsplattform „Angehörige pflegen“ hat speziell für pflegende Angehörige von Demenzerkrankten einen Online-Kurs entwickelt, der kostenfrei zur Verfügung steht. Mehr erfahren sie hier.

Sie haben Fragen zu Demenz und Inkontinenz bzw. zur Unterstützung bei der häuslichen Pflege?

Unser Team um Andrea Zöbele ist für Sie da.

Kontakt

Andrea Zöbele
Pflegeexpertin Stoma-Kontinenz-Wunde, Gesundheits- und Krankenpflegerin, Wundberaterin AWM, Medizinprodukteberaterin

Wertvolle Tipps für Angehörige von Menschen mit Demenz

Das Bundesgesundheitsministerium hat einen informativen Ratgeber für Angehörige von Menschen mit Demenz herausgebracht, der auch auf Begleiterscheinungen wie Inkontinenz eingeht:
https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/5 _Publikationen/Pflege/Broschueren/190429_BMG_RG_Demenz.pdf

Viele nützliche Hinweise finden Angehörige außerdem auf:
https://www.deutsche-alzheimer.de/