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Die Zukunft präzise im Blick
Neue Technologien ermöglichen eine hochaufgelöste Sicht in den menschlichen Körper und sind damit die Voraussetzung für eine noch präzisere Chirurgie. In den nächsten Jahren sind weitere Innovationen zu erwarten.
Zwischen Leben oder Tod, Gesundheit oder Leiden, Mobilität oder Lähmung liegt manchmal weniger als ein einziger Millimeter. Deshalb hat Präzision in der Neuro- und Wirbelsäulenchirurgie einen sehr hohen Stellenwert. Und deshalb sagt Robert Weber, Leiter Marketing & Sales Transformation bei B. Braun und Geschäftsführer Aesculap Akademie, dass er immer noch Gänsehaut bekommt, wenn er an einen Fall denkt, der sich 2019 ereignete.
In einer Klinik in Hessen stellte er eine der jüngsten Innovationen von B. Braun vor: Aesculap Aeos®, eine Operationsmikroskopieplattform, die mithilfe eines Roboterarms sowie digitaler Visualisierungstechnologien eine neue Art des Sehens ermöglicht. Die Neurochirurgie des Krankenhauses verwendete bis dahin ein herkömmliches optisches Mikroskop, zu Testzwecken stellte B. Braun ein Aesculap Aeos® zur Verfügung. Am Ende einer Operation, bei der ein Glioblastom, ein bösartiger Gehirntumor, entfernt wurde, entschied sich die Chirurgin das System von B. Braun auszuprobieren. Und siehe da: Nachdem sie das Aesculap Aeos® ausgerichtet und den entsprechenden Fluoreszenz-Modus eingeschaltet hatte, leuchtete auf dem Bildschirm ein kleiner Teil des Gewebes auf. Der Hirntumor war noch nicht vollständig entfernt worden.
“Ohne unser System wäre die OP regulär abgeschlossen worden, der Tumor allerdings noch nicht vollständig entfernt gewesen und damit die Folgen für den Patienten immens.”
Aesculap Aeos® steht damit exemplarisch für eine vielversprechende Entwicklung in der Medizin: Strukturen, die bis vor Kurzem noch unsichtbar waren, werden mithilfe intelligenter Visualisierungstechniken plötzlich sichtbar. Dem Potenzial dieses Ansatzes scheinen kaum Grenzen gesetzt. Denn die neue Welt der Visualisierung ermöglicht nicht nur eine verbesserte Diagnostik, sondern unterstützt auch die Entscheidungsfindung.
Der Fluoreszenz-Modus, der auch bei der Hirn-OP in Hessen verwendet wurde, ist ein gutes Beispiel dafür. Er wurde nicht erst mit dem Aesculap Aeos® erfunden, sondern wird bereits seit Jahren erfolgreich eingesetzt. Patient*innen wird dabei das Kontrastmittel 5-ALA verabreicht. In der Folge fluoreszieren tumorassoziierte Zellen unter speziellem Blaulicht, was die Abgrenzung zu gesundem Gewebe erleichtert.
Über einen Touchscreen können die Einstellungen des Aesculap Aeos® bedient werden.
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Die Basis des Aesculap Aeos® verfügt über Schnittstellen zur Integration zahlreicher externer Geräte.
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Der sechsachsige Arm kann manuell oder über eine Fußsteuerung gelenkt werden – im Submillimeterbereich.
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Auf dem Monitor werden verschiedene Beleuchtungsmodi übereinander gelegt. Weitere digitale Quellen können integriert werden.
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Neu ist die Darstellung, die das Aesculap Aeos® erlaubt. Das Operationsgebiet wird digital auf einem hochauflösenden Bildschirm angezeigt. Bei einem Einsatz von 5-ALA kann diese Form der Bildgebung einen entscheidenden Vorteil bergen: Die Chirurg*innen können neben dem fluoreszierenden Tumor mithilfe optionaler Hintergrundbeleuchtung das umliegende Gewebe ebenfalls sehen. Ein ständiges Umschalten zwischen Weiß- und Blaulicht – wie bei optischen Mikroskopen – ist dadurch deutlich seltener notwendig.
„Für die Augen ist dieser häufige Wechsel zwischen hell und dunkel sehr anstrengend“, sagt Erick Drost, Senior Expert Engineer Forschung und Entwicklung bei Aesculap. „Mit der Darstellung über den Bildschirm kann man kontinuierlich unter demselben Licht operieren.“ Eine beachtliche Verbesserung des Workflows – die im besten Fall dazu beiträgt, die Sicherheit bei neurochirurgischen Eingriffen weiter zu erhöhen.
“Die digitale Mikroskopie verfügt bereits heute über eine Bildqualität, die eine weitere Optimierung zunehmend überflüssig macht. In Zukunft wird daher etwas anderes maßgeblich werden: Die Anwender in ihrer Entscheidungs-findung noch besser unterstützen zu können. Mit intelligenten Visualisierungstechnologien wie dem Aesculap Aeos® ermöglichen wir genau das.”
Das gilt auch für die zweite zentrale Innovation des Aesculap Aeos®: den robotischen Arm, der das Kamerasystem hält. Jede manuelle Ausrichtung sowie Repositionierung des Operationsmikroskops stellt für die Chirurg*innen eine Unterbrechung des Workflows dar. Durch den robotischen Arm in Kombination mit einem Fußschalter kann Aesculap Aeos® freihändig, praktisch unterbrechungsfrei, positioniert werden. Des Weiteren ermöglicht der Roboter beispielsweise, einen Punkt zu fixieren, um diesen aus zahlreichen Winkeln betrachten zu können. Gleichzeitig lässt sich jederzeit per Knopfdruck in eine zuvor gespeicherte Position zurückkehren.
Welchen Unterschied bereits kleine Verbesserungen in der medizinischen Visualisierung machen können, zeigt zudem ein Blick in die jüngere Vergangenheit: 2015 führte B. Braun die Stimuplex® Ultra 360-Linie ein: eine Kanüle für ultraschallgestützte Regionalanästhesie. Sie wurde mit einem speziell für die Ultraschall-Anwendung entwickelten Muster versehen, welches die Echogenität- also die Sichtbarkeit unter dem Ultraschall - deutlich verbessert. Durch einen „Safety-Code“ – die durchdachte Platzierung der Ultraschallmarkierungen auf der Nadel – kann zudem mit größerer Sicherheit die Spitze der Kanüle lokalisiert werden. Was zunächst nach einer fast trivialen Innovation klingt, kann für die medizinische Behandlung weitreichende Folgen haben.
„Früher habe sich nur wenigen Anästhesisten zugetraut, allein auf Basis anatomischer Kenntnisse eine Nadel in die Nähe des Nervs zu führen“, sagt Jacqueline Berg, Produktmanagerin für Regionalanästhesie bei B. Braun. Zu groß war das Risiko, mit der Nadelspitze einen Nerv und Gefäße zu treffen und eine dauerhafte Schädigung anzurichten. Doch die Alternative zur Regionalanästhesie ist in den häufigsten Fällen eine Vollnarkose, die den Organismus viel stärker belastet und mit zahlreichen Nebenwirkungen behaftet ist. Das Schmerzmanagement nach Eingriffen unter Vollnarkose wird zudem in aller Regel durch die Gabe von Opioiden betrieben. Durch die besser zu visualisierenden Kanülen kann die gewünschte Nervenstruktur dagegen lokal anästhesiert werden – deutlich präziser und schonender als eine Vollnarkose. Soll der Nerv auch nach der Operation betäubt werden, kann zudem ein Katheter gelegt werden, der eine kontinuierliche Versorgung mit einem Lokalanästhetikum ermöglicht. Die Gabe von Opioiden für die Schmerzbehandlung wird dadurch reduziert.
“Die Vorteile liegen darin, dass man sowohl das anzusteuernde Ziel, den Nerv, als auch die umliegenden empfindlichen und verletzbaren Strukturen darstellen kann. Durch die besondere Oberfläche unserer Nadeln wird nun auch das Werkzeug sichtbar und kontrollierbar.”
Der erfolgreiche Einsatz dieser Verfahren macht die Forschung und Entwicklung an weiteren, neuen Visualisierungstechniken zu einem vielversprechenden Unterfangen. Wie also könnte die Zukunft aussehen? An einer Antwort auf diese Frage wird unter anderem in Denzlingen – acht Kilometer nördlich von Freiburg – gearbeitet. Die Firma Schölly Fiberoptic, ein Tochterunternehmen von B. Braun, zählt zu den führenden OEM Unternehmen bei der Entwicklung und Produktion von chirurgischen Bildgebungsverfahren und ist eine Pionierin im Bereich der intraoperativen 3D-Visualisierung. Ihr neuester Clou: eine modulare Kameraplattform, die explizit darauf ausgerichtet ist, Softwarealgorithmen und Hardware von Kunden zu integrieren.
„Die Kombination mehrerer bildgebender Verfahren und Modalitäten im Zusammenspiel mit intelligenter Software wird in naher Zukunft einige Diagnostik- und Therapiemethoden revolutionieren“, sagt Nadine Bednarz, Senior Product Manager bei Schölly Fiberoptic. So soll zukünftig etwa eine Gewebedifferenzierung auch ohne den Einsatz von exogenen Markern möglich sein, womit man die Injektion von Kontrast reduzieren oder gar ersetzen könnte.
Wie groß die Herausforderung ist, ein solches Verfahren zu entwickeln, weiß auch Noeska Smit. Die Professorin für Medical Visualization an der Universität Bergen, Norwegen, hat sich auf die Forschung an softwarebasierten Visualisierungsmethoden für multimodale Bildgebungsverfahren spezialisiert.
“Die gleichzeitige Visualisierung zweier Bildgebungsverfahren ist noch recht einfach. Deutlich schwieriger wird es, sobald die Zahl der Verfahren steigt, unterschiedliche Patientenkohorten auftreten und die Bildgebungsvisualisierung mit anderen Datentypen kombiniert wird.”
Die Lösung dieser Probleme stellt die Forscherteams vor eine große Aufgabe. Doch auch der mögliche Nutzen ist vielversprechend. So kann sich Smit etwa vorstellen, dass mit neuen Visualisierungstechniken zukünftig die Ergebnisse unterschiedlicher Behandlungsmöglichkeiten simuliert werden können – und so dazu beitragen, noch während der Behandlung bessere Entscheidungen zu treffen. Auch Erick Drost ist überzeugt: „Egal, wie die nächste Generation von Operationsmikroskopen aussehen wird: Sicher ist, dass es digitale Visualisierungsplattformen sein werden.“ Denn nur durch die Integration von zusätzlichen digitalen Informationen lässt sich sehen, was dem menschlichen Auge bisher verborgen blieb.
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