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Additive Fertigung
Mithilfe der additiven Fertigung – auch bekannt als 3-D-Druck – stellt B. Braun bereits heute leistungsfähige Medizinprodukte her.
Es klingt wie eine nahezu unlösbare Aufgabe: eine künstliche Struktur herstellen, die in ihrer Funktion das nachahmt, was die menschliche Evolution hervorgebracht haben. Die ähnlich hart und elastisch ist wie das zu ersetzende biologische Gewebe, die für die gesamte Verweildauer im Körper stabil bleibt, sich weder abnutzt noch zersetzt. Und doch existiert sie: Als von B. Braun gefertigtes Implantat für einen Zwischenwirbelkörper. Es besteht aus nur einem Material, Titan, das sich durch seine Biokompatibilität, Korrosionsbeständigkeit und Stabilität auszeichnet. Durch seine passgenaue Form und durchdachte Gitterstruktur zählen diese Implantate zu den leistungsfähigsten ihrer Art.
Möglich wurden diese Eigenschaften durch additive Fertigung, gemeinhin auch als 3-D-Druck bezeichnet. In diesem Fall wird in der Fertigungsanlage auf eine Platte eine feine Lage Titanpulver aufgetragen, ein Laser verschmilzt es an vorprogrammierten Stellen zu einer dreidimensionalen Form. Schicht für Schicht entsteht so das gewünschte Objekt aus AESCULAP® Structan®, das exakt den Aufbau und die Oberfläche hat, die in zahlreichen medizinischen und biomechanischen Tests festgelegt wurden.
Welche konkreten Auswirkungen die additive Fertigung auf das Wohlbefinden von Patient*innen haben kann, weiß Prof. Dr. med. Frank Kandziora. Der Chefarzt des Zentrums für Wirbelsäulenchirurgie und Neurotraumatologie gilt heute international als einer der führenden Expert*innen des Fachgebiets. Als einer der ersten Chirurg*innen setzte er bereits im Jahr 2020 auf ein additiv gefertigtes Implantat von B. Braun.
„Wenn man so will, ist so ein Cage ja nur ein kleines Metallkästchen“, sagt Kandziora. „Aber es steckt wahnsinnig viel Know-how darin.“ Die Qualität eines Implantats ließe sich folglich auch nicht auf einzelne Parameter reduzieren, vielmehr entscheide sie sich anhand eines komplexen Zusammenspiels aus Material, Oberfläche, Struktur, Geometrie und Biomechanik – alles Eigenschaften, auf die die Fertigungsweise des Implantats maßgeblichen Einfluss hat.
“Der große Vorteil 3-D-gedruckter Implantate ist, dass sie über eine überlegene Struktur verfügen, wodurch der Knochen schneller und besser anwächst.”
Das von Kandziora verwendete Implantat ist der AESCULAP® TSPACE® 3D Cage von B. Braun. Es dient dazu, die Lendenwirbelsäule zu stabilisieren. Ein Eingriff, der notwendig wird, wenn eine oder mehrere Bandscheiben so degeneriert sind, dass sie ihre Stabilisierungs- und Dämpfungsfunktion nicht mehr erfüllen. In der Folge beginnen die Wirbel zu gleiten, sie bedrängen Nerven und verursachen bei den Betroffenen beträchtliche Schmerzen. „Diese Instabilität versuchen wir durch eine Versteifung mithilfe eines solchen Cages zu beheben“, beschreibt Kandziora den Eingriff. Entscheidend für den Erfolg: wie schnell und gut das Implantat mit den angrenzenden Wirbelknochen verheilt.
„Der große Vorteil 3-D-gedruckter Implantate ist, dass sie über eine überlegene Struktur verfügen, wodurch der Knochen schneller und besser anwächst“, sagt Kandziora. „Das sieht man sehr deutlich.“ Möglich wird diese Struktur durch die additive Fertigung, denn die Fertigung mithilfe der Laser erlaubt es, nahezu beliebige dreidimensionale Formen herzustellen. In der Mitte des Implantats befindet sich eine Aussparung, durch die der Knochen wieder wachsen kann. „Die Lochgröße, die Konfiguration der Löcher und die Steifigkeit des gesamten Implantates sind wichtig, um den Knochen mit den notwendigen Mikrobewegungen zu versorgen und ihn so zur Heilung anzuregen“, sagt Kandziora. Auch die grundlegende Form ist nicht dem Zufall überlassen. „Durch das Box-Design hat der Knochen eine größere Auflagefläche, was dem Einschneiden in Deck- und Bodenplatten vorbeugt.“ Es besteht folglich ein geringeres Risiko, dass das Implantat in die Wirbelknochen einsinkt, was die Funktion und Stabilität der Wirbelsäule beeinträchtigen könnte.
Aber nicht nur die Makrostruktur spielt eine Rolle, auch die Oberfläche ist entscheidend. „Viele Jahre wurden vor allem Implantate aus PEEK-Kunststoff verwendet“, sagt Kandziora. „Deren Oberfläche ist zu glatt, der Knochen heilt nicht richtig an.“ Das additiv gefertigte Implantat dagegen weist eine leicht poröse Oberfläche auf, ideal für das Anhaften von Knochenzellen. „Viele Patienten kommen bereits nach zwei Wochen ohne Schmerzmittel aus. Typischerweise ist die Heilung nach drei Monaten so weit fortgeschritten, dass sie zu ihrem alten Leben zurückkehren können“, sagt Kandziora über den Einsatz eines TSPACE® Cage.
So beeindruckend die klinischen Erfolge sind, die bereits heute mit additiv gefertigten Implantaten erzielt werden: Im Entwicklungsteam für Innovative Materials & Technologies forscht B. Braun bereits an neuen additiven Fertigungsprozessketten. Diese könnten grundlegend verändern, wie B. Braun in diesem Bereich arbeiten, entwickeln und produzieren wird.
Das Ziel von B. Braun ist es, weitere Produkte zu identifizieren, bei denen sich Vorteile wie bei den bereits additiv gefertigten Zwischenwirbelkörper- und Hüftpfannenimplantaten erreichen lassen. „Mit der additiven Fertigung können wir innovative Produkte realisieren, die anders nicht herstellbar wären und unseren Kunden zusätzlichen Wert bieten. Es ist ein großes Privileg, mit einer Technologie arbeiten zu dürfen, die einen derartigen Stellenwert hat“, sagt Patricia Graf, die bei B. Braun seit 2017 das Entwicklungsteam leitet. So könnte man noch stärker auf Kundenbedürfnisse eingehen und ungewöhnliche Lösungswege effizient bearbeiten. Eine Vorstellung, die auch Frank Kandziora fasziniert: „Das Fantastische an der Technik ist, dass sich in einem standardisierten Verfahren quasi Unikate herstellen lassen“, sagt er. „In der Zukunft könnte jeder Patient sein individuelles Implantat bekommen.“ Bereits heute fertigt B. Braun Implantate in Randgrößen für Patient*innen, für die es aufgrund ihrer anatomischen Voraussetzungen keine Standardlösung gibt.
“Mit der additiven Fertigung können wir innovative Produkte realisieren, die anders nicht herstellbar wären und unseren Kunden zusätzlichen Wert bieten. Es ist ein großes Privileg, mit einer Technologie arbeiten zu dürfen, die einen derartigen Stellenwert hat.”
Patricia Graf sieht zudem großes Potenzial darin, die Vorteile der additiven Fertigung auch für die Herstellung von chirurgischen Instrumenten nutzbar zu machen. „Diese Instrumente müssen in der Regel manuell geführt werden“, sagt Graf. Je leichter und schlanker sie also sind, desto einfacher die Handhabung und desto besser die Sichtbarkeit auf das Operationsfeld.
Additive Fertigung verspricht aber nicht nur produktseitig große Vorteile – sie verändert auch grundlegende Arbeitsweisen innerhalb des Unternehmens. Bei den additiv gefertigten Implantaten beherrscht B. Braun die komplette Prozesskette. Eine Fertigungstiefe, die die Produktion nicht nur resilienter gegen externe Einflussfaktoren macht, sondern es überhaupt erst ermöglicht, sie effizient in die Unternehmensabläufe zu integrieren. Denn bevor komplexe Medizinprodukte wie Implantate additiv gefertigt werden können, durchlaufen sie zahlreiche Stufen: von der Entwicklung über das Design bis hin zu langwierigen biomechanischen Tests und klinischen Studien. Und auch nach dem eigentlichen Druckprozess müssen sie in einem aufwändigen Verfahren gereinigt und nachbearbeitet werden. „Dass wir diese Fähigkeiten alle in-house haben, bietet neue Möglichkeiten“, sagt Patricia Graf. Denn die additive Fertigung ist selbstverständlich nicht nur auf medizinische Produkte beschränkt. „Wir nutzen die Technologie zum Beispiel zur Herstellung von Vorrichtungen für die Produktion. Und wir prüfen, ob und welche Ersatzteile wir künftig für unsere Maschinen fertigen können“, sagt Patricia Graf.
So birgt die additive Fertigung auch das Potenzial, die Produktion deutlich nachhaltiger zu gestalten. Zum einen, weil das Produkt in einem Stück vor Ort gefertigt werden kann, und dadurch Transportwege von Zwischenprodukten wegfallen. Vor allem aber, weil die additive Fertigung deutlich materialeffizienter ist: Produkte, die bisher etwa aus einem Vollmaterial herausgefräst wurden, können mithilfe der additiven Fertigung so hergestellt werden, dass kaum mehr Material verwendet wird, als im Endprodukt dann vorhanden ist. Zudem wird das überschüssige Titanpulver gesiebt und für die nächste Charge wiederverwendet.
Die vielleicht wichtigste Art und Weise, wie die additive Fertigung das Unternehmen prägt, betrifft jedoch einen anderen Bereich. „Die Entwicklung von neuen Produkten und das Umsetzen in der Fertigung ist Teamarbeit“, sagt Patricia Graf. „Die additive Fertigung ist eine Technologie, die wirklich alle begeistert“, sagt Patricia Graf. „Ich empfinde es als großes Glück, mit Kolleginnen und Kollegen arbeiten zu dürfen, die mit so viel Engagement und Begeisterung das meiste aus ihr herausholen möchten.“
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